DGPPN äußerte sich zur Depublizierung der Böhmermann-Sendung

Obwohl die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN) sich im Juli 2023, gemeinsam mit weiteren Fachgesellschaften, noch kritisch zur entstehenden “Rituelle Gewalt” Debatte positionierte, wandte diese sich nun mit einem eigenen Schreiben an den ZDF-Fernsehrat, um sich für die erneute Veröffentlichung der “Rituelle Gewalt” Sendung des ZDF Magazin Royale auszuprechen.

In einem Interview mit dem Spiegel, lobte der DGPPN-Präsident Andreas Meyer-Lindenberg sogar die gute Recherche und klare Herausarbeitung der Probleme innerhalb der Sendung. Die vorangegangene Positionierung begründete er als Reaktion auf Debatten in sozialen Medien, in denen Traumatherapeuten unter Generalverdacht gestellt worden seien falsche Erinnerungen zu verursachen. Dagegen wollte man sich wehren.

In dem mir ebenfalls vorliegenden Schreiben an den ZDF-Fernsehrat wird weiterhin erwähnt, dass das Phänomen ritueller sexueller Gewalt in Deutschland nicht die Relevanz hat, wie es die mediale Präsenz des Themas suggeriert.

Insgesamt spricht sich Meyer-Lindenberg dafür aus, dass es möglich sein muss Therapiefehler offen anzusprechen - im Interesse aller Opfer.

Ein wenig enttäuschend finde ich seine letzte Bemerkung zum Artikel:

Ich hoffe, dass die Sendung wieder publiziert wird. Sollte das nicht dazu kommen, müssen wir überlegen, ob wir uns als Fachgesellschaft dazu öffentlich nochmals klar positionieren.

Der Artikel des Spiegels ist hinter einer Paywall, wodurch dieses Statement nur wenige Menschen erreichen wird. Im Sinne von Opfern und Fehlerkultur, sollte es in meinen Augen einer Fachgesellschaft möglich sein, sich bereits jetzt zu positionieren, ohne dies von einer erneuten Entscheidung des ZDF-Fernsehrat abhängig zu machen.

Zum Benennen von Nebenwirkungen kann ergänzt werden, dass bereits 2022 durch das Aktionsbündnis Patientensicherheit angeregt wurde, “Fehlerinnerungen” als besondere Nebenwirkung von Psychotherapien mit aufzunehmen.

Anamneseerhebung und Theorieorientierung  
Jeder Psychotherapie geht eine Erhebung der biographischen Anamnese voraus. Dabei werden sowohl Belastungsfaktoren als auch Ressourcen erfragt. Das kann unter Umständen zur Induktion oder Verfestigung von Fehlerinnerungen, retrospektiven Fehldeutungen oder aggravierenden Fehlanschuldigungen führen. Dies gilt insbesondere, wenn suggestive Methoden verwendet werden. Fehlerhafte Erinnerungen oder Erinnerungsumdeutungen können auch nach einer abgeschlossenen Psychotherapie fortbestehen und Patientinnen und Patienten weiter belasten.

(Patientensicherheit und Nebenwirkungen in der Psychotherapie, Seite 6)

Man darf gespannt sein, was die nächste Sitzung des ZDF-Fernsehrat ergeben wird. Diese soll bereits im März stattfinden.

Zum Weiterlesen

Quellen